Hakomi ist Selbsterkundung in Achtsamkeit

Ein Neurobiologisch fundierter Ansatz zum Umgang mit Bindungstraumatisierungen

Der erste Schritt in Hakomi besteht häufig darin, eine andere Perspektive der Selbstwahrnehmung einzunehmen: Die innere Achtsamkeit.

Inneres Beobachten & Erforschen

Ein wesentliches Element der Achtsamkeit ist die Aktivierung des inneren Beobachtens. Getragen von einem Zustand nicht-bewertender, nach innen gerichteter Aufmerksamkeit entsteht ein Wechsel in der Perspektive: Die Klientin oder der Klient ist im eigenen Erleben und gleichzeitig kann die Erfahrung aus der Distanz beobachtet werden.

Der Beobachter öffnet den Zugang zur Welt der inneren Phänomene und des unbewussten Erfahrungswissens. In Achtsamkeit können lebhafte Bilder und Szenen auf der inneren Bühne entstehen, wir werden sensibel für Stimmungen, Emotionen, Gefühle und Erinnerungen, die uns im Alltagsbewusstsein meist nicht zugänglich sind. So kann das Zusammenspiel von Emotionen, Gedanken, Körperreaktionen und den Mechanismen des autonomen Nervensystems wahrgenommen und erforscht werden, das sonst weitgehend unbewusst und automatisch abläuft.

Kooperation mit dem Unbewussten

In Akzeptanz wächst die Kooperationsbereitschaft innerer unbewusster Anteile und Abwehrmechanismen, darum folgt der Therapeut dem Prinzip der Gewaltlosigkeit, in einer annehmenden, liebevollen Grundhaltung.

Das Sensorium des Körpers

In der Körperpsychotherapie erforschen wir darüber hinaus auch die Spuren der Erfahrung auf der körperlichen Ebene und auf der Ebene des Nervensystems. Das achtsame Wahrnehmen von Körperempfindungen, Haltung, Mimik, Gesten, Bewegung und Impulsen kann zum gespeicherten Wissen des Körpers führen und zugleich finden sich hier oft verborgene Ausgangspunkte für neue Erfahrungen und die Zugänge zur eigenen Kraft.

Anpassung sichert das Überleben

Wir sind sind geprägt von frühen, oft schmerzlichen Erfahrungen in der Kindheit: Etwas war zu viel oder etwas war zu wenig. Wir sind in der Lage, um jeden Preis, auch unter extrem schwierigen Bedingungen, zu überleben und entwickeln dazu Überlebensstrategien:
Vielleicht lernen wird dabei, dass ein Rückzug nach Innen das Leiden erträglicher macht, dann müssen wir nicht so viel Bedrohung fühlen; vielleicht lernen wir auch, dass wir uns auf unser Gegenüber möglichst genau einstimmen, um Aufmerksamkeit zu bekommen, manchmal ist es vielleicht sogar notwendig, die starken Gefühle ganz weit innen zu verbergen und anderen Menschen eine Maske zu zeigen und so mehr Kontrolle zu erlangen und vielleicht lernen wir, dass wir am besten alles aushalten, was mit uns passiert und uns selber die Schuld geben, oft müssen wir auch ganz viel Leisten, um Anerkennung und Aufmerksamkeit zu bekommen.

Diese Verhaltensmuster folgen einer unbewussten, automatisch ablaufenden Dramaturgie. Früher haben sie uns wirksam dabei geholfen, schlimme Ereignisse durch Anpassung zu überstehen. Im Verlauf des Lebens stehen sie uns dann im Weg, werden zu Lebenskonflikten und als seelische und somatische Leiden sichtbar.

 

Die zentralen Überlebensstrategien in Hakomi

Der sensibel zurückgezogene Stil

Der abhängig gewinnende Stil

Der unabhängige, auf sich selbst gestellte Stil

Der stark-großzügige Stil

Der charmant-manipulative Stil

Der leidend-aushaltende Stil

Der expressiv-klammernde Stil

Der arbeitsam-überfokussierte Stil

In der Theorie der Überlebensstrategien sollen Menschen keinesfalls auf wenige begrenzte psychische Aspekte reduziert werden; es handelt sich um ein  multifaktorielles Arbeitsmodell, dass Konflikte und vor allem auch Ressourcen sichtbar machen kann. Es ermöglicht eine schnelle und effektive Orientierung zu den Kernthemen eines Menschen. Wir sind jedoch viel mehr als unsere Überlebensstrategien.

Diese Überlebensstrategien wurden später in Laurence Hellers  NeuroAffective Relational Model (NARM) und Lisbeth Marchers Bodynamic unter dem Aspekt von Bindungstrauma sinnvoll ergänzt.

Glaubenssätze

In Hakomi wenden wir uns diesen tief verankerten Glaubenssätzen und Überlebensstrategien zu und wertschätzen den Sinn, den sie in unserem Leben (als damals wirksame Überlebensstrategien) hatten. Dabei kommen wir in Kontakt mit verdrängten Teilen unserer Persönlichkeit, mit Emotionen, die einen Ausdruck und ein Gegenüber benötigen: Jemanden der zuhört, da ist, mitfühlen kann und versteht.

Erleben, was wirklich gefehlt hat

In erfahrungsorientierten Experimenten können wesentliche Aspekte einer fehlenden Erfahrung (missing experience) symbolisch erlebt und neue Ressourcen und Möglichkeiten entdeckt werden.

Die Entwickler der Hakomi Methode, Ron Kurtz, Halko Weiss, Pat Ogden, John Eismann und weitere Psychotherapeutinnen und -therapeuten haben Anfang der 1980er Jahre mit Hakomi einen wegweisenden Grundstein der modernen erfahrungsorientierten und achtsamkeitsbasierten Körperpsychotherapien und Traumatherapien gelegt.

Im wesentlich war Hakomi von Alexander Lowens Bioenergetik, Eugene Gendlins Fokussing, Albert Pessos Körperorientiertem Ansatz (PBSP), dem System der inneren Familie IFS, verschiedenen Methoden der Körperarbeit, dem Fundament der Gewaltlosigkeit und traditionellen Achtsamkeitstechniken beeinflußt.

Viele moderne Methoden wurden von dieser Pionierarbeit beeinflußt: IFS (Richard Schwartz), SIFS (Susan McConnell), Sensumotorische Psychotherapie (Pat Ogden, Janina Fisher), Somatische Traumatherapie / ISITTA (Manuela Mischke Reeds), NARM (Larry Heller), Somatic Experiening (Peter Levine). In meine Arbeit fließen zahlreiche Aspekte dieser Weiterentwicklungen ein, vor allem die grundlegende Integration traumatherapeutischer Techniken.

»Du kannst erst tun was du willst,
wenn du weißt, was du tust.«
Moshé Feldenkrais