Die Arbeit mit Bindungsverletzungen & Bindungstrauma

Somatic Attachment Therapy & Experience (SATe)

Wir alle haben in unserer Kindheit Kontakt- und Bindungsstrategien entwickelt, mit denen wir anderen Menschen begegnen. Diese Muster basieren auf den Erfahrungen, die wir in unseren Verbindungen zu anderen Menschen gemacht haben. Oft werden sie erst dann bewusst sichtbar, wenn wir damit als Erwachsene in Konflikte und Krisen geraten.

Frühe Prägungen hinterlassen Spuren

Besonders prägend sind die ersten Jahre der Kindheit: Waren unsere Eltern und Bezugspersonen zugewandt, liebevoll oder distanziert, vielleicht sogar abweisend und kühl? Gab es genug Sicherheit, klare Grenzen, Geborgenheit und Vertrauen?

Wenn wir Einstimmung, Liebe und Geborgenheit erleben, ein verständnisvolles Gegenüber haben, wenn wir klare Grenzen und Gerechtigkeit erleben, dann entwickelt sich Vertrauen, Neugier und Verbundenheit in uns. Es wird in diesem Zusammenhang oft auch von Urvertrauen gesprochen.

Bindungsstile sind die Antwort auf unsere Erfahrungen

Da wir als Menschen extrem anpassungsfähig und kreativ sind, können wir auch noch in einem sehr lebensfeindlichen Umfeld überleben. Wir schaffen es dann, mit emotionaler Kälte, abwesenden Eltern, Zurückweisungen und Entwertungen und sogar mit Demütigungen, Wutausbrüchen, mit extremer Gewalt und sexuellem Mißbrauch umzugehen.

Diese "kreative Überlebenskunst" bedeutet aber auch, wir erlernen tief verwurzelte Glaubenssätze, mit denen wir der Welt aufgrund dieser Erfahrungen begegnen. Unsere Nervensysteme befinden sich dann oft in einem Extremzustand von hoher Erregung oder Erstarrung, wir werden dann oft von Scham- und Schuldgefühlen überwältigt. Darum sprechen wir auch von einem Bindungstrauma. Wenn über einen langen Zeitraum etwas zu viel oder zu wenig da war, enstehen Symptome, die wir auch aus dem Schocktrauma kennen.

Als Antwort auf die Art der Bindung, die uns entgegengebracht wurde, entwickeln sich die Bindungsstile. Diese Bindungstile lassen sich in vier Bereiche unterteilen (basierend auf John Bowlby):

  • Sichere Bindung
  • Vermeidende Bindung
  • Ambivalente Bindung
  • Desorganisierte Bindung

In uns gibt es Anteile aller Bindungsstile, jedoch steht ein Muster als Bindungsstrategie im Vordergrund.

 

Die eigene Bindungsdynamik verstehen

In der therapeutischen Arbeit mit Bindungsverletzungen (SATe) schauen wir gerne erstmal auf das, was sich in der Begegnung - im Jetzt - zwischen Therapeut und Klient ereignet. Oft braucht es dafür kein "spezielles Thema", das Bindungsmuster ereignet sich einfach in der Begegnung und da sind wir im Kontakt mit wesentlichen Kernerfahrung.

Bindungsverletzungen heilen in Beziehungen

Bindungsverletzungen brauchen heilsame Erfahrung im Hier und Jetzt, eine Regulation der Notzustände im Nervensystem. Wir können die Vergangenheit nicht mehr ändern aber wir können heute wahrnehmen und erleben, was gefehlt hat und als handlungsfähige Erwachsene einen Weg dafür finden. Im Umgang mit Bindungsverletzungen erkunden wir, was es für diesen Weg der Heilung benötigt.

Das, was damals gefehlt hat, kann heute wahrgenommen werden, es bekommt Worte, einen Raum, ein Gegenüber, wir sortieren und bringen Ordnung in die desorganisierten kindlichen Erfahrungen, wir benennen Verzerrungen, wir anerkennen die Ungerechtigkeit, wir begegnen dem Streß im Nervensystem, wir trennen zwischen der Vergangenheit und dem Jetzt: "Heute ist es vorüber. Wir waren damals als Kinder ohnmächtig. Heute fühlen wir das oft auch noch. Aber: Wir können als Erwachsene Hilfe holen, lernen, Sicherheit finden, in uns die Wunden versorgen".

Hierzu nutzen wir unterschiedliche körperorientierte Trauma-Techniken und fördern damit Sicherheit und Verbindung zu uns und anderen.
In der sicheren Bindung sind wir mehr im Kontakt mit unserer Kraft. Emotionen können verkörpert werden, das Nervensystem wird nicht mehr von Emotionen überschwemmt, sondern kann die gebundene Energie aushalten und verarbeiten.

Wir verstehen also die Dynamik der erlernten Bindungsmuster und wie sie damit in Beziehung gehen. Wir begreifen und verkörpern: Was sind die Fähigkeiten des Vermeidenden, Ambivalenten, wie wirkt sich Desorganisation aus. Welche Elemente von sicherer Bindung gibt es in uns.

SATe beruht im Wesentlichen auf der Arbeit von Dr. Diane Pool Heller und wird in Deutschland von Elisabeth Schneider-Kaiser und Team gelehrt und weiterentwickelt. In SATe bekommt John Bowlbys Bindungstheorie, durch den methodischen Hintergrund von Somatic Experiencing und der Polyvagal-Therorie, ein wirksames Instrument für den Umgang mit Bindungstrauma.

 

Die Brücke

»Die Brücke verbindet Vergangenheit und Jetzt. Manchmal geraten wir in die Vergangenheit. Es ist dann hilfreich, uns im Jetzt zu verankern und bewusst wahrzunehmen: Es ist vorüber, jetzt ist es anders!«
Elisabeth Schneider-Kaiser

DAMALS

"So war es"

JETZT

"Es ist vorüber"